[Blockierte Grafik: http://www.stuttgarter-wochenblatt.de/media_fast/655/titelneck_1449.JPG]
Ehrenmünze für Justino da Silva Cruz vom "Clube Filatelico Portugues" - Kleiner, aber feiner Verein in Untertürkheim
Stapelweise türmen sich Briefumschläge auf dem Boden, den Stühlen, dem Esstisch. Alles Altpapier denken viele. Justino da Silva Cruz aber hat einen ganz besonderen Blick drauf geworfen. Sein Interesse gilt den kleinen, bunten, zackigen Marke oben rechts auf jedem Umschlag. Justino da Silva Cruz ist Briefmarkensammler - seit 40 Jahren. Und der portugiesische Untertürkheimer ist Mitbegründer des "Clube Filatelico Portugues". Für sein jahrelanges Engagement als Vorsitzender im Verein und seine Bemühungen für die deutsch-portugiesische Freundschaft hat Justino da Silva Cruz nun die Ehrenmünze des Stadt Stuttgart erhalten.
UNTERTÜRKHEIM - "Ich habe einige Jahre gebraucht, bis ich mitbekommen habe, dass es den kleinen, aber feinen Verein in Untertürkheim gibt", gibt Bezirksvorsteher Klaus Eggert unumwunden zu. Umso mehr ist er von dem Engagement der rund 60 Mitglieder begeistert - "und ich freue mich persönlich, Ihnen die Ehrenmünze der Landeshauptstadt zu überreichen", sagt er bei der Feierstunde für Justino da Silva Cruz. Der Portugiese, der seit 1965 in Untertürkheim wohnt, hat den Verein "Clube Filatelico Portugues" 1975 mitbegründet. 20 Jahre lang war Justino da Silva Cruz Vorsitzender, seit 1995 ist er Ehrenvorsitzender. Die Hände hat er seitdem aber nicht in den Schoß gelegt. Mit Leidenschaft für Briefmarken organisiert Cruz nationale und internationale Briefmarkenausstellungen und Tauschbörsen. Außerdem feiert der Verein jedes Jahr seinen Geburtstag mit einem großen Fest, jahrelang im Cannstatter Kursaal, seit einiger Zeit in der Untertürkheimer Sängerhalle. Die Integration und Verständigung zwischen Portugiesen und Deutschen stand dabei immer auch im Mittelpunkt - außer den Briefmarken.
"Meine Familie hat viel gelitten, als ich so oft nicht da war", gibt Cruz offen zu. "Aber ich habe viel gelernt und vor allem viele Freunde durch die Philatelie gefunden. Doch wenn ich nicht so eine Frau hätte, die ich habe, wäre es nie gegangen." Ohne die guten Nerven seiner Frau und der drei Töchter hätte die Familie Justino da Silva Cruz wahrscheinlich längst auf die Straße gesetzt.
Denn er sammelt alles, worauf eine Briefmarke klebt. So stapeln sich im Wohnzimmer haufenweise Briefumschläge, Zeitungen und Zeitschriften. "Ich bekomme zwischen 200 und 300 Kuverts jeden Tag. Komisch, unsere Papiertonne ist immer voll", sagt Cruz und grinst verschmitzt. Er habe versucht, sich in der Wohnung nicht so sehr auszubreiten, das Papierchaos in Grenzen zu halten.
Erfolglos. "Ich schaffe es nicht!" Denn die Marken und Geschichten hinter den Briefen faszinieren in so sehr. Außerdem sei das Sammeln und Sortieren beruhigend. "Wenn ich kaputt oder verärgert nach Hause komme, dann brauche ich meine Ecke und zwei Stunden mit den Briefmarken, dann bin ich wieder fit!" Nicht der Geldwert der Briefmarken sei das entscheidend für Cruz beim Sammeln. "Alles was ich bekomme, ist interessant." Die Geldmacherei habe ihn nie gereizt.
"Schön ist es, wenn man eine Marke bekommt, die man noch nie hatte!" Außerdem stecke viel Liebe und Arbeit in seiner Sammlung. Denn Justino da Silva Cruz hebt nicht nur die reine Marke auf, sondern auch den Briefumschlag, auf dem sie klebt. Daraus fertigt er für seine Kinder und Enkel besondere Alben. Er sammelt beispielsweise vom Datum des Geburtstags seiner Verwandten Umschläge und Briefmarken. "Sie erzählen auch eine Geschichte." Erinnerungen werden wach, beispielsweise, wer einem zum jeweiligen Ehrentag geschrieben hat.
Angefangen hat die Briefmarken-Sammelleidenschaft von Justino da Silva Cruz vor 40 Jahren. Er lebte damals schon in Untertürkheim. "Als ich nach Portugal zu Besuch fuhr, brachte ich einen Koffer voll Briefmarken mit", erinnert er sich.
"Mein Vater hielt mich damals für verrückt." Cruz schmunzelt. "Aber Briefmarken sind interessant und reich an Kultur."
ZitatQuelle / Artikel: