Es ist ein Phänomen: Menschen verkleiden sich, sind ausgelassen und feiern, als ob es kein Morgen gäbe. Es ist Fasching, Fastnacht, Karneval, Carnaval, Carnevale, Mardi Gras. Wo auch immer auf der Welt – eines eint die Närrinnen und Narren: die Lust an der Flucht aus dem Alltag und der Bruch mit Konventionen.
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Aufbegehren, Ausbrechen, Protest – darum geht es beim Karneval bis heute. Deshalb stürmen etwa am Donnerstag vor dem Rosenmontag, dem "Altweiberkarneval", vielerorts Frauen in die Rathäuser, schneiden Männern das "Männlichkeitssymbol" Krawatte ab und übernehmen die Herrschaft. In Büttenreden werden die "Mächtigen" humorvoll durch den Kakao gezogen, und die Tanz- und Paradegruppen der Karnevalsvereine benehmen sich in ihren Fantasieuniformen gänzlich "unmilitärisch".
Die heutigen Bräuche sind ein Sammelsurium unterschiedlichster Traditionen und Ursprünge aus verschiedenen Zeiten. Doch auch wenn viele dieser Wurzeln des Karnevals in Vergessenheit geraten sind, das närrische Treiben hat nichts von seiner Faszination verloren. Dies stellen alljährlich Millionen Karnevalisten mit Karnevalsumzügen und Festveranstaltungen eindrucksvoll unter Beweis.
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Die Karnevalsfeste in Mainz (Bund MiNr. 1349, rechts) und in Köln (Bund MiNr. 748, unten) begeistern alljährlich hunderttausende Menschen.
Der Beginn der "fünften Jahreszeit" ist regional verschieden: Im Rheinland und in Rheinhessen beginnt sie stets am 11. November um 11.11 Uhr. In Süddeutschland, Österreich und in der Schweiz fängt das närrische Treiben dagegen erst am 6. Januar an, dem Dreikönigstag. Gemeinsam ist allen "Sessionen", dass sie am Aschermittwoch enden – dem Beginn der Fastenzeit. Es liegt deshalb nahe, einen der Ursprünge der Karnevalsbräuche in der christlichen Tradition zu suchen. So leitet sich etwa das Wort "Fastnacht" aus dem Althochdeutschen ab: "fasta" und "naht" bedeuten etwa "Vorabend der Fastenzeit". Das Wort "Karneval" hingegen kommt aus dem Lateinischen: "carne vale" bedeuten etwa "Lebe wohl, Fleisch!" Denn im Mittelalter genoss man die Wochen vor der kargen Fastenzeit ungehemmt und üppig.
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Mit dem so genannten "Wibbeln" wird in Köln die militärische Zucht und Ordnung parodiert (Bund MiNr. 1903).
Die Kirche machte sich das mitunter sündige Treiben zu Nutzen. Sie interpretierte es als "civitas diaboli", den "Staat des Teufels". Der Karneval diente somit als lehrreiches Beispiel und zeigte, dass die Herrschaft des Teufels vergänglich ist und am Ende die Tugend siegt. Denn am Aschermittwoch ist alles vorbei. Mancherorts wird dann symbolisch eine lebensgroße Strohpuppe, in Köln der so genannte "Nubbel", als Sündenbock der reinigenden Kraft des Feuers übergeben.
Doch es gibt auch noch ältere Wurzeln: So gab es schon vor über 2.000 Jahren in der römischen Antike ein mehrtägiges Fest zu Ehren des Gottes Saturn, das bemerkenswerte Parallelen zum heutigen Karneval hatte: Während dieser "Saturnalien" galten keine Konventionen und Standesschranken mehr. Die Untergebenen bekamen somit Gelegenheit, Kritik an ihren Herrschern zu äußern. Um dafür später nicht bestraft werden zu können, machte man sich durch eine Verkleidung unkenntlich.
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Im Londoner Stadtteil Notting Hill feiert man den Karneval auf karibische Art: bunt und rhythmisch (links Großbritannien MiNr. 1763 und unten Großbritannien MiNr. 1764).
Eine andere Art von Verkleidung spielt in der traditionellen alemannischen Fastnacht in Süddeutschland und der Schweiz eine wichtige Rolle. Ihre Bräuche gehen auf vorchristliche beziehungsweise keltische Riten zurück. Die dort getragenen grotesken Masken stellen Dämonenfratzen dar, mit denen die Geister der kalten Jahreszeit vertrieben werden. Mit ohrenbetäubendem Lärm wird zugleich die Ankunft des fruchtbaren Frühlings gefeiert. Doch welche Wurzeln auch immer zugrunde liegen – alle Karnevalisten eint der Spaß am närrischen Treiben, das die Welt für eine Zeit Kopf stehen lässt.
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